Abb. 1 Fischotter Pixabay

Der Eurasische Fischotter (Lutra lutra) – ein seltener Jäger

Im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern in Deutschland sind die Lebensbedingungen für den Eurasischen Fischotter (Lutra lutra; LINNAEUS, 1758) in Brandenburg heute wieder besonders günstig.

Ursprünglich gab es den Fischotter in ganz Europa. Er wurde jedoch durch die Verschmutzung der Gewässer, den Lebensraumverlust und die Jagd auf ihn (wegen seines schlechten Rufes, seines Fells, und weil er seit dem Mittelalter als Fastenspeise diente) im 20.

Jahrhundert in vielen Gebieten Europas an den Rand der Ausrottung getrieben. Doch heute besteht wieder Grund zur Hoffnung!

Körperliche Merkmale

Der Eurasische Fischotter (Abb. 1) ist mit etwa 1 bis 1,3 m Körperlänge und 7 bis 12 kg Gewicht die größte Marderart Deutschlands. Sein muskulöser, abgeplatteter Schwanz macht mehr als die Hälfte seiner Gesamtkörperlänge aus. Wie bei allen Säugetieren werden die Männchen durchschnittlich etwas größer und schwerer als die Weibchen. Der Körper des Fischotters ist aufgrund seiner semiaquatischen (das heißt halb im Wasser stattfindenden) Lebensweise im Laufe der Evolution immer stromlinienförmiger geworden. Diese Körperform macht ihn zu dem exzellenten Schwimmer, den wir heute kennen. Sein Schädel ist flach und seine Augen, Ohren und Nase liegen auf einer Linie. So muss dieser geschickte Jäger seinen Kopf lediglich ein bisschen aus dem Wasser heben um die drei Sinnesorgane zeitgleich einsetzen zu können. Diese Fähigkeit nützt ihm sehr beim Ausschauhalten nach Gefahren, die ihm vom Land her drohen, wie Angriffe durch größere Raubtiere (einschließlich des Menschen). Die Ohren der Otter sind klein und rund. Das Tier kann sie genau wie seine Nasenlöcher unter Wasser verschließen. [passster password=”serbski-informator”] Zur schnelleren Fortbewegung im Wasser dienen sowohl die Schwimmhäute, als auch die Krallen an ihren Pfoten. Bei der Jagd im oft sehr dunklen Wasser kann sich der Otter auch auf seinen Tastsinn verlassen. Deshalb besitzt er nicht nur in unmittelbarer Nähe von Maul und Nase lange Tasthaare, sondern auch an seinen Ellenbogen. Als ausschließliche Fleischfresser besitzen sie ein ziemlich kräftiges Gebiss.

Sein kurzes Fell ist am Bauch cremefarben oder grau und am Rest des Körpers dunkelbraun. Die helle Unterseite des Otters hat den evolutionären Vorteil, dass unter dem Otter schwimmende Beutetiere ihn häufig nicht gut von der Farbe des Himmels unterscheiden können. Vor Kälte und Feuchtigkeit ist der Fischotter ebenfalls durch sein extrem dichtes Fell mit etwa 70.000 Körperhaaren pro Quadratzentimeter geschützt. Zum Vergleich: beim Menschen sind es nur circa 120 Körperhaare (einschließlich der Kopfhaare) pro Quadratzentimeter. Der Kälte- und Feuchtigkeitsschutz funktioniert indem sich zwischen seinen Haaren tausende kleine Luftkammern bilden, die verhindern, dass das Wasser die Haut erreicht.

Verwandtschaftliche (taxonomische) Einordnung

Als Säugetier (Mammalia) gehört der Eurasische Fischotter (Lutra lutra) zur Ordnung der Raubtiere (Carnivora), innerhalb dieser zur Familie der Marderähnlichen (Mustilidae) und selbstverständlich zur Unterfamilie der Otter (Lutrinae).

Diese Unterfamilie besteht aus sieben Gattungen und 13 Arten einschließlich dem Eurasischen Fischotter, welcher zur Gattung der Altweltotter (Lutra) gezählt wird.

Seine nächsten Verwandten sind der bereits ausgestorbene Japanische Fischotter (Lutra nippon) und der Haarnasenotter (Lutra sumatrana) aus Südostasien.

In die nächst nähere Verwandtschaft gehört die Schwestergattung der sogenannten Fleckenhalsotter (Hydrictis) mit nur einer einzigen Art – dem Fleckenhalsotter (Hydrictis maculicollis), die in Teilen Afrikas südlich der Sahara vorkommen.

Wesentlich bekannter sind jedoch die häufiger in Zoos gehaltenen Zwergotter (Aonyx cinerea; auch Kurzkrallenotter genannt; Abb. 2), die Nordamerikanischen Fischotter (Lontra canadensis) oder die südamerikanischen Riesenotter (Pteronura brasiliensis), sowie die aus zahlreichen Naturdokumentationen bekannten Seeotter (Enhydra lutris), die sich als einzige Vertreter ihrer Unterfamilie das Meer – genauer gesagt den Nordpazifik – erschlossen haben. Relativ unbekannt ist hingegen der Indische Fischotter (Lutrogale perspicillata).

Außerdem werden insgesamt bis zu zwölf Unterarten des Eurasischen Fischotters unterschieden.

Kurze Evolutionsgeschichte

Der Eurasische Fischotter (Lutra lutra) stammt ursprünglich wohl aus Asien und dessen direkter Vorfahre wird von Paläontologen Lutra palaeindica genannt. Die fossilen Überreste von Lutra palaeindica fand man in der äußersten Vorgebirgskette des südlichen Himalayas – dem Oberen Siwalik (Indien). Er lebte im späten Pleistozän (einer geologischen Epoche, die von ca. 2.600.000 bis 12.000 vor heute andauerte) und könnte zudem auch der Vorfahr des südostasiatischen Harrnasenotters (Lutra sumatrana) gewesen sein. Eine offizielle deutsche Bezeichnung gibt es für Lutra palaeindica leider nicht, aber man könnte den wissenschaftlichen Namen mit „Altindischer Fischotter“ übersetzen.

Verbreitung

Der Eurasische Fischotter ist die am weitesten verbreitete Otterart. Er kommt in nahezu ganz Europa, Teilen Asiens und in Nordwestafrika vor.

In Deutschland geht es den Fischotterpopulationen in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen am besten. 

Andere, zum Teil noch isolierte, Populationen gibt es in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern. Und in Nordrhein-Westfalen wird seit 2009 wieder eine sehr kleine Population von bis zu 20 Individuen beobachtet, die zum Teil von niedersächsischen Fischottern und von in den Niederlanden wieder angesiedelten Artgenossen, die  aus Osteuropa eingeführt wurden, abstammen.

Insgesamt lebt der Eurasische Fischotter in 13 der 16 deutschen Bundesländer. In Hessen, dem Saarland und Baden-Württemberg gibt es bisher noch keine Fischotter.

Lebensraum, Ernährung und Sozialverhalten

Wie ihr Verbreitungsgebiet, ist auch der Lebensraum des Eurasischen Fischotters ein sehr vielfältiger. Er lebt sowohl in Sumpfgebieten, Flüssen, Bächen, Marschen, Hochgebirgs- und Tieflandseen, als auch an Meeresküsten und in Fjorden. Also nicht nur in Süßgewässern, sondern auch in Brack- und Salzwasserlebensräumen.

Fischotter sind Einzelgänger, die im Landesinneren zumeist dämmerungs- und nachtaktiv, an den Küsten aber eher tagaktiv, sind.

Sie leben in mehreren unterirdischen, ufernahen Bauten in je nach Geschlecht und Lebensraum unterschiedlich großen Revieren (20 – 40 Quadratkilometer). Männchen nehmen größere Reviere in Anspruch, die sich mit denen der Weibchen überschneiden. Die eigentlichen Reviergrenzen werden von ihnen nicht mit Duftmarken markiert. Aber die Gebiete, in denen die Tiere jagen, werden mit Kot gekennzeichnet, der an gut sichtbaren Uferstellen platziert wird und der leicht stechend-fischig riecht.

Aufgrund ihres hohen Energiebedarfs verbringen Fischotter drei bis fünf Stunden am Tag mit der Nahrungssuche. Fischottermütter mit Jungtieren müssen sogar bis zu acht Stunden am Tag mit der Nahrungssuche investieren. Hauptsächlich besteht diese Nahrung aus am Gewässerboden lebenden Fischarten wie Aalen oder Fischen aus der Ordnung der Barschartigen. Gelegentlich fressen sie aber auch Wasservögel, Flusskrebse, kleine Amphibien und Reptilien, Mäuse und Ratten. 

Wie der Mensch auch, können sich Fischotter das ganze Jahr über fortpflanzen. Bei ihnen kommt es jedoch auf die Reichhaltigkeit des Nahrungsangebotes an, wann die Paarung stattfindet. Männchen und Weibchen bleiben dann nur kurz zusammen und die Mutter zieht die meist zwei bis drei (selten vier oder mehr) Jungen nach 58 bis 62 Tagen Tragzeit alleine groß. In Extremfällen kann dies auch in bis zu 250 Meter vom nächsten Gewässer entfernten Verstecken, wie zum Beispiel Höhlen, der Fall sein. Die recht verspielten Fischotter besitzen ein großes Lautrepertoire – vom Zwitschern beim spielerischen Kampf über das katzenähnliche Zetern bei ernsten Kämpfen bis zum Prusten bei Gefahr und dem am meisten zu hörenden schrillen Pfeifen.

Die Lebenserwartung eines Eurasischen Fischotters beträgt etwa 15 Jahre in freier Wildbahn und in Menschenhand bei bis zu 22 Jahre.

Der Fischotter und der Mensch

Da Menschen und Fischotter beide gerne Fisch essen und viele Menschen irrtümlicherweise davon ausgingen, dass sie, als „Krone der Schöpfung“, einen Anspruch auf alle natürlichen Ressourcen hätten, sahen sie den Fischotter als direkte Konkurrenz, der die Fische dem Menschen ungerechterweise stehlen würde. Auch das besonders dichte, warme Fell des Fischotters war schon seit der Steinzeit ein Objekt menschlicher Begehrlichkeiten. Doch weil der Fischotter ein recht intelligentes Tier ist und sich nur mit größerem Aufwand erjagen lässt, bedachte der Mensch ihn mit einem eher schlechten Ruf. Im Mittelalter sagte man dem Fischotter nach, er sei ein Fischdieb, blutgieriger Geflügelmörder und später behauptete man er würde sogar Lämmer von den Weiden stehlen und Jagdhunde unter Wasser ziehen um diese zu ertränken. Zu allem Überfluss erklärte die Kirche alle Tiere, die im Wasser leben kurzerhand zu kaltblütigen (wechselwarmen, also poikilothermen) Fischen, welche man während der Fastenzeit verzehren durfte. Papst Gregor I. hatte schon im Jahre 590 verboten warmblütige (gleichwarme, also homoiotherme) Tiere während der Fastenzeit zu verspeisen. Da die Fastenzeiten im Mittelalter allerdings bis zu 200 Tage im Jahr in Anspruch nehmen konnten, wurden neben etlichen Wasservögeln auch Fischotter, Biber, die einen Schuppenschwanz aufweisen, und sogar Kaninchenföten (letztere, weil sie ja im Fruchtwasser „schwimmen“) als Fastenspeise gereicht.

Bis in das 20. Jahrhundert hinein wurde der Fischotter, als vermeintlicher Schädling der Fischwirtschaft, erbarmungslos gejagt bis er in vielen Gebieten Eurasiens kurz vor der Ausrottung stand. Als dann in den 1960-er Jahren ein langsames Umdenken, in Bezug auf den Fischotter, stattfand, kam es zeitgleich zur Hauptursache der heutigen Bedrohung des nun als niedlich und verspielt geltenden Otters: der Zerstörung seines natürlichen Lebensraumes.

Heute haben die Menschen in der Ober- und Niederlausitz die Chance das Blatt für den Fischotter in Deutschland zu wenden, da hier die Otterpopulationen am gesündesten und genetisch vielfältigsten sind. Lausitzer Fischotter können in Zukunft dazu beitragen die Otterpopulationen in Deutschland wieder stabil werden zu lassen. Also: Wenn nicht jetzt, wann dann?

P.S.: Der Fischotter ist übrigens das Wappentier von Schwarzheide (wendisch: Carny Gózd) in der Niederlausitz im Landkreis Oberspreewald-Lausitz. [/passster]

Text: Michael Meyer

Foto: pixabay

Fotobeschreibung: Der Eurasische Fischotter (Lutra lutra; LINNAEUS, 1758).

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